Der folgende Artikel ist ein Gastbeitrag von Bernd B.:
Ist noch jemand unter Euch, der Apple aus den 80zigern kannte? Es waren die Zeiten von C64, Amiga und Atari, Windows dümpelte in Version 2.x umher. Damals machte ein Witz die Runde – er war glaube ich in der Byte abgedruckt, leider kann ich ihn nicht mehr so schön wiedergeben – der heute fast noch aktueller ist als damals:
„Ich habe ein nicht mehr ganz neues Haus mit Fenstern drin, die dringend gestrichen werden müßten, vor dem Haus steht eine Mülltonne und in meinem Keller gibt es Mäuse. Irgendwann wird mich Apple wegen der Mäuse, Fenster und Mülltonne verklagen.“
Heute sind die Zeitungen wieder voll von Apple und Gerichtsprozessen. Aber was hat Apple damals mit den Prozessen erreicht? An die Gewinne der frühen 80ziger anknüpfen können? Marktanteile sichern? Technologische Führung sicherstellen? Leider nein: wir konnten den Niedergang des technischen Avangardisten verfolgen, der letzlich nur von der finanziellen Notinfusion durch Hauptkonkurrenten Microsoft gestoppt wurde.
Was war damals der Grund für den Niedergang? Ich bin kein Analyst oder Technik-Augur. Ich kann nur einen Blick zurückwerfen und nachdenken, was mich und andere bewogen haben mag, keine Apple-Geräte zu kaufen. Machen wir dazu eine kleine Reise durch die Computerwelt der 70ziger bis heute:
Apple hatte dem Apple II Erweiterungssteckplätze mitgegeben und damit große Erfolge gefeiert. Es bildete sich ein Ökosystem von vielen Lieferanten und Bastlern um die Geräte herum. Je mehr Erweiterungen es gab, umso beliebter wurde der Apple II. Das ging so weit, dass sich IBM gezwungen sah, das Slot-Konzept in seinen ungeliebten PC zu übernehmen. Aber was macht Apple? Jobs läßt den Mac konstruieren als radikalen visionären Gegenentwurf. Ein abgeschlossenes System ohne jegliche Erweiterungsmöglichkeit, ja sogar mit dem Anspruch es nicht erweitern zu brauchen (dürfen?). Ein Mac ist seinem Anwender genug wie er ist!
Waren es aber nicht damals wie heute die Nerds, die mit ihrer Technikbegeisterung und ihrem Spieltrieb die Geräte erst benutzbar und für die Massen interessant machen? Der Markt bewegte sich zügig zu den PCs, vor allem den „100%-IBM-kompatiblen“, hin. IBM immer noch in der irrigen Annahme, dass dieses Spielzeug bald wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwinden würde, geht nicht gegen die Cloner vor. Eine Erweiterung nach der nächsten entsteht um den PC. Der Markt um den PC bewegt sich mit rasanter Geschwindigkeit. Auch auf der Software-Seite. Inspiriert von den brillianten Ideen der Apple-Techniker versucht man dem PC Schritt für Schritt ein wenig Mac-Charme einzuhauchen (naja, ein wenig Ehre gebührt da auch Amiga und Atari, die ebenfalls im Strudel der PCs in den Abgrund gesaugt werden). Apples Reaktion darauf ist: Angst. Man klagt. Aber dem Ansturm des PC-Marktes ist man nicht gewachsen. Vor Gericht wird der eine oder andere Sieg errungen, auf dem Markt verliert man aber Tag für Tag Boden. Apple versucht erneut mit Innvoation und avangardistischen Produkten gegenzuhalten, produziert beeindruckende Geräte: hat jemand von Euch mal einen Newton in der Hand gehalten? Eine Revolution für jeden, der damals die Termine und Kontakte aus seinem Lotus Organizer gerne mobil gesehen hätte.
Und heute? Die iPods wurden als ganz nette Design-Gadgets für Yuppies erfolgreich, nachdem Apple seinen Ruf als avangardistischer Hersteller mit den stylischen iMacs und iBooks wiederbelebt hatte. Aber mit dem iPhone gelang Apple dann der Paukenschlag: ein Telefon ohne Tastatur oder Wählscheibe! Das sollte funktionieren? Heute wissen wir: das geniale war weniger das Telefon in dem Gerät als der Rest davon. Und der Markt reagierte. Google pumpt erhebliche Resourcen in ein ähnliches, bereits laufendes Projekt und bringt Android. Was macht Apple diesmal? Man reagiert wie vor 25 Jahren und versucht die ungeliebten Konkurrenten mit Klagen im Schach zu halten.
Auch dieses Mal wieder ist es das offene System, das die Nerds und Technikbegeisterten hinter sich weiß, das schneller wächst und den Anwendern mehr Freiheitsgrade bei der Auswahl der Hard- und Software läßt. Werden dieses Mal Apples Klagen und Patentstreitereien den Markt aufhalten? Damals hat es Apple vielleicht vor dem Orkus der Geschichte bewahrt, im Gegensatz zu Atari und Amiga, die nicht so streitlustig waren. Die Ausgangssituation für Apple mag diesmal sogar deutlich besser sein – als umsatzstärkstes IT-Unternehmen noch vor Microsoft. Aber der Markt ist in starker Bewegung und das erscheint mir nicht unbedingt vorteilhaft für Apple.
Hat Apple aus seiner eigenen Geschichte etwas gelernt oder wiederholt sich diese gerade wieder? Ich frage mich, warum geht Apple nicht den Weg des Erfolges seiner Konkurrenten: man könnte iOS an willige Cloner lizensieren. Natürlich hatte Apple in der Vergangenheit erhebliche Vorteile durch die Kontrolle von Soft- und Hardware. Man denke nur an die ersten Intel-MacBooks, die die PC-Konkurrenz nicht nur bei der Akkulaufzeit vorführten. Aber warum nicht etwas neues probieren und das Hardware-Geschäft den anderen überlassen oder zumindest mit ihnen teilen? Microsoft ist damit zum Giganten geworden, IBM hat es das Überleben gesichert und HP begibt sich gerade auf selben Pfad. Google hat’s noch nie anders probiert.
Was meint Ihr? Wäre das eine Chance oder eher Fluch für Apple? Würdet Ihr ein dann mögliches Huawei-iOS-Gerät kaufen?
Dieser Artikel wurde als Gastartikel unter https://nodch.de/gastartikel eingereicht, Autor und eventuell vorhandene Webseite des Autors ist im Beitrag vermekt. Vielen Dank für diese Einsendung!